HOCHALTAR.

Schriftliche Aufzeichnungen über die Entstehung des Kunstwerkes und das Lebensschicksal seines Erbauers sind bisher leider nicht bekannt geworden. Nach der mündlichen Überlieferung ist dieses Meisterwerk um 1670 von dem Bauernschreiner Bartholomäus Hammes aus dem nahen Alflen geschaffen worden und gilt heute als einer der eindrucksvollsten und schönsten Barockaltäre der Rheinlande. Hammes war bei Meister Birkbach in Trier in der Lehre und auf seinen Wanderjahren in Süddeutschland. Als die kurtrierische Ritterschaft der wundertätigen Schmerzensmutter dem wiederaufgebauten Driescher Wallfahrtskirchlein einen neuen Altar schenkt, da vermittelt der inzwischen im hohen Alter völlig erblindete Meister Birkbach in Trier, seinem ehemaligen Lehrbuben Barthel aus Alflen diesen ehrenvollen Auftrag. In jahrelanger mühevoller Arbeit gestaltete und schuf Bartholomäus Hammes dann seinen einzigartigen Bitter-Leidens-Altar. Die Volksüberlieferung berichtet, dass der Meister gelobte, nicht eher zu heiraten als bis das monumentale Werk vollendet sei. Vierzig Jahre wurde er darüber alt und erst dann gründete er mit einem jungen Dorfmädel eine Familie, der neun tüchtige Kinder entsprossen. Aber vorher stellte das Schicksal den Schöpfer des Altares vor eine große Probe, bevor das Kunstwerk endgültig im Driescher Kirchlein aufgestellt werden konnte. Als der Altar fertig war, verlud man die Einzelteile auf Bauernwagen, um sie aus der Werkstatt nach Driesch zu bringen. Auf der alten Heerstraße am sagenumwobenen Kolwerborn sprang der Teufel in Gestalt eines Wolfes aus dem wilden Brunnengebüsch und überquerte die Fahrbahn. Vor ihm scheuten die Zugtiere, die Wagen kippten um und die kostbaren Bildreliefs zerschellten auf der Landstraße. Der Meister soll wie zerschlagen vor den Scherben seines Lebenswerkes gestanden haben und hat geweint wie ein Kind. Aber dann lud er die Trümmer wieder auf, fuhr nach Alflen zurück und schuf das Zerbrochene in jahrelanger Arbeit neu. Man erzählt sich noch heute, dieses Unglück habe den Meister sein erspartes, beträchtliches Vermögen gekostet.

In der Chronik von Lutzerath und Driesch von 1997 beschreibt der Bücheler Lehrer J. Müller den Altar wie folgt: Dargestellt ist in elf Hochreliefs das Leiden Christi. Die Szenen beginnen mit Gethsemane im linken unteren Flügel und sind auf den anderen Flügeln weitergeführt; es folgt im Aufbau eine Kreuztragung. Die Hauptszenen der Passion sind im Mittelstreifen von oben nach unten angeordnet, mit der Grablegung im Sockel als Schlußbild. Kreuzigung und Kreuzabnahme sind als Mittelbilder durch größere Figuren betont. Eine Besonderheit bilden an diesem Schnitzaltar die Flügel der unteren Staffel durch Vereinigung von Hochrelief und Malerei in rechteckiger Rahmung. Nach Entfernung von Anstrichen in Ölfarbe zeigte sich ( Mitt.von Karl Port) alte Malerei in Tempera, die nur ausgebessert zu werden brauchte; links über der Ölbergszene eine Palmen- und Felsenlandschaft mit dem Grab Christi, sowie ein Stadttor von Jerusalem, dazu Wolken und Mondsichel. Rechts blickt man über der Szene der Verhöhnung Christi in das Innere des Tempels. Vom Innenraum sieht man eine sorgfältige spätgotische Spitzbogenarchitektur auf dicken Rundsäulen; im Hintergrunde ein Rauchopfer. Gedrehte, mit leichtem Knorpelwerk verzierte Säulen betonen den Altar, mit Engelskopfmotiven an den Sockeln und geflügelten Engelköpfchen an den Konsolen darunter. Die einzelnen Felder sind von voll entwickeltem und bewegt mitgehendem Knorpelwerk gerahmt; in den Gesimsen ist das Wellenband duchgeführt.

Erste Renovierungsarbeiten werden um 1880 ausgeführt. Neben Ausbesserungsarbeiten wurde der vormals in abgestimmten Farben unter Verwendung von Gold und Silber bemalte Altar in einem einheitlichen Steingrau angestrichen. Dechant Alois Breidt nimmt sich des Altars im Winter 1941 an. Der mittlerweile wurmstichige Hochaltar wird von der Firma Port aus Münstermaifeld restauriert. Die heutige Farbgebung sowie der Tabernakel und einige Rahmenteile wurden ergänzt. Im Dezember 1942 wurde er wieder in die Kirche zurückverbracht.

Im Zuge der Renovierung 2013-2015 wurden Teile der Bemalung und der Reliefarbeiten mit leichten Retuschen und einer dezenten Aufarbeitung der Goldarbeiten auf den jetzt sichbaren Zustand gebracht. Dieser Altar verleitet allein mit seiner Schönheit zu einem Kniefall, um Demut zu bekunden. Demut vor der Schönheit der Dinge und Demut vor dem Allerheiligsten.

Text: 05/2011 von Kerstin Diederichs und 04/2015 Heinz Trippen. Foto: Volker John

Die 11 Reliefs des Hochaltars

 

 

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